09.07.2015

Tätigkeitsbericht (2013/2014) und Jahresbericht des Bundeskartellamts sowie Stellungnahme der Bundesregierung zum Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes veröffentlicht

D
Bundeskartellamt
Tätigkeitsbericht
Jahresbericht
Bundesregierung

Tätigkeitsbericht des BKartA und Stellungnahme der Bundesregierung:

https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Taetigkeitsberichte/Bundeskartellamt%20-%20T%C3%A4tigkeitsbericht%202014.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Jahresbericht:

https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Jahresbericht/Jahresbericht_2014.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Das Bundeskartellamt hat am 30. Juni 2015 seinen alle zwei Jahre erscheinenden Tätigkeitsbericht über die Aktivitäten in den Jahren 2013 und 2014 veröffentlicht. Hierzu ist auch die Stellungnahme der Bundesregierung veröffentlicht (in der BT-Drucksache 18/5210, Pfad oben).

Kartellverfolgung

Das Bundeskartellamt hat in den vergangenen beiden Jahren 20 Kartellfälle abschließen können und dabei die Rekordsumme von 1,36 Mrd. Euro Bußgelder gegen 137 Unternehmen und 133 Privatpersonen verhängt (2014: 1,12 Mrd. Euro und 2013: 244,5 Mio. Euro). Die außergewöhnlich hohen Bußgelder im Jahr 2014 stammen zum Großteil aus den umfangreichen Kartellverfahren auf den Bier-, Wurst- und Zuckermärkten. Das Bundeskartellamt geht nicht von einer allgemeinen Tendenz zu höheren Geldbußen aus. Kartellamtspräsident Mundt betonte in der Pressemitteilung zum Tätigkeitsbericht, dass es von entscheidender Bedeutung sei, diese hohen Buß-geldsummen auch effektiv einzutreiben. Das deutsche Kartellrecht biete hier Schlupflöcher für Unternehmen, die sich durch Umstrukturierungen der Bußgeldhaftung entziehen könnten. Die Bundesregierung solle diese Regelungslücken schließen. In der Stellungnahme der Bundesregierung heißt es dazu wörtlich:

Die Bundesregierung wird zeitnah Vorschläge unterbreiten, wie die noch verbliebenen Regelungslücken im Bereich der Rechtsnachfolge geschlossen werden können. In diesem Zusammenhang wird auch geprüft, ob die Verantwortung von Konzernen für Kartellverstöße ihrer Tochterunternehmen klarer geregelt werden sollte.

Interessant die Ausführungen der Bundesregierung zum Thema „Anerkennung von Compliance Programmen“:

Der Trend zu vermehrten Schadensersatzklagen bei Kartellverstößen wird auch das Thema Compliance weiter in den Fokus rücken. Unter Compliance wird die Einhaltung von Regeln (Ge- und Verbote) verstanden; darunter fallen etwa Gesetze, vertragliche Verpflichtungen sowie unternehmensinterne (Verhaltens-)Regelungen und Richtlinien. Kartellrechtliche Compliance bezieht sich dabei auf die Normen des Kartellrechts (insbes. GWB und Art. 101 ff. AEUV). Die Bundesregierung begrüßt ausdrücklich, dass zahlreiche Unternehmen in den vergangenen Jahren verstärkt in wirksame Compliance Management Systeme investiert haben. Gleichzeitig ist seit 2005 ein signifikanter Anstieg der von Bundeskartellamt und Europäischer Kommission wegen Kartellverstößen verhängten Geldbußen zu verzeichnen. Obwohl das geltende Recht die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Compliance einräumt, werten weder das Bundeskartellamt noch die Europäische Kommission in ihrer derzeitigen Praxis die Installation bzw. das Vorhandensein von Compliance Management Systemen als Grund, ein kartellrechtliches Bußgeld zu mindern. Die Bundesregierung stimmt den Kartellbehörden darin zu, dass jedenfalls bei einer Beteiligung der Unternehmensleitung auch ein Compliance-Programm keine Befreiung von Bußgeldern nach sich ziehen kann. Nach Auffassung der Bundesregierung muss jedoch geprüft werden, ob gesetzliche Vorgaben zur verbindlichen Berücksichtigung von Compliance im Kartellrecht einen zusätzlichen Anreiz für wirksamere Compliance-Maßnahmen der Unternehmen bieten oder ob sie die effektive Verfolgung von  Kartellen behindern würden, ohne gleichzeitig einen echten Mehrwert zu liefern.


Fusionskontrolle

Die Anzahl der angemeldeten Zusammenschlussvorhaben liegt weiterhin auf einem hohen Niveau. 2013 wurden 1091 Fusionen angemeldet, 2014 waren es 1188 Vorhaben. Eine vertiefte Prüfung wurde dabei in 40 Fällen vorgenommen. Zwei Vorhaben wurden untersagt, drei konnten nur unter Auflagen freigegeben werden. 2014 wurde auch die Sektoruntersuchung „Nachfragemacht im Lebensmitteleinzelhandel“ abgeschlossen, die 2015 bereits bei der Untersagung der geplanten Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch EDEKA genutzt wurde. Der Bericht geht auch auf das neue Merkblatt zu der Beurteilung von Inlandsauswirkungen in der Fusionskontrolle ein.

Missbrauchsverfahren

Das Bundeskartellamt hat in den beiden vergangenen Jahren 79 Verfahren im Bereich der Missbrauchsaufsicht abgeschlossen. In jüngerer Vergangenheit wurde insbesondere eine Reihe von Missbrauchsverfahren gegen Wasserversorger geführt, in deren Folge die Wasserpreise erheblich gesenkt wurden. Im Verfahren gegen die Berliner Wasserbetriebe (BWB) hat das Bundeskartellamt mit einer inzwischen rechtskräftigen Preissenkungsverfügung sowie einem Vergleichsvertrag von Mai 2014 dafür gesorgt, dass die Berliner Wasserkunden von 2012 bis 2018 um insgesamt rund 440 Millionen Euro entlastet werden.

Digitale Wirtschaft

Der Tätigkeitsbericht betont, dass es in jüngster Zeit verstärkt Fälle aus dem Bereich der digitalen Wirtschaft gegeben habe, beispielsweise die Überprüfung der Rahmenbedingungen von Hotelbuchungsplattformen oder der Internet-Vertriebsbedingungen von Markenherstellern. Das Bundeskartellamt hat eine Task Force eingerichtet, um sich verstärkt mit den wettbewerblichen Bedingungen bei Online-Plattformen auseinanderzusetzen. Die Analyse und Bewertung der Wettbewerbsbedingungen auf digitalen Märkten sei eine große Herausforderung für die Kartellbehörden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich vielleicht auch eine umsichtige Erweiterung der kartellrechtlichen Eingriffsinstrumente als notwendig erweisen werde. Forderungen nach einer Zerschlagung von Unternehmen oder einem Regulierungsregime erschienen hingegen als überzogen.

Einzelne Wirtschaftszweige

Der Tätigkeitsbereich enthält auch einen Überblick über die relevante Rechtsprechung im Berichtszeitraum sowie eine ausführliche Übersicht über die Aktivitäten des Bundeskartellamtes aufgegliedert nach einzelnen Wirtschaftszweigen.

Zeitgleich hat das Bundeskartellamt auch einen kürzeren „Jahresbericht 2014“ vorgelegt, in dem die einzelnen Beschlussabteilungen und Vergabekammern und ihre wesentlichen Tätigkeiten im vergangenen Jahr kurz vorgestellt werden.