24.03.2015

Rede (GD Wettbewerb) von Margarete Vestager „Thoughts on merger reform and market definition“

Anlässlich der Sitzung der Studienvereinigung Kartellrecht in Brüssel am 12. März 2015 sprach die Wettbewerbskommissarin, Maragrete Vestager, über ihre „Gedanken zur Fusionskontrollreform und Marktdefinition (Thoughts on merger reform and market definition).


Vestager betonte, dass die EU-Fusionskontrolle in diesem Jahr 25 Jahre alt werden würde, die gleichzeitig eine Erfolgsgeschichte sei. Sie ging auf die letzten Verbesserungen im Bereich der Fusionskontrolle ein und erwähnte das “Simplification Package”, das Ende Dezember 2013 von der Kommission verabschiedet worden sei und „unternehmensfreundliche Motive“ habe. Die Kommission habe unter anderem ihre Bekanntmachung über ein vereinfachtes Verfahren für bestimmte Zusammenschlüsse überarbeitet. Ziel der Kommission sei es, künftig mehr Fälle im vereinfachten Verfahren zu prüfen und die Informationserfordernisse bei der Anmeldung eines Zusammenschlusses zu straffen und zu aktualisieren. Im vereinfachten Verfahren könnten die Unternehmen kürzere Anmeldeformulare verwenden und die Kommission verzichte auf eine eingehende Marktuntersuchung. Vestager konstatierte, dass bislang 10 Prozent aller Fälle neu in das vereinfachte Verfahren überführt werden konnten. Auch habe sich die Pränotifizierungsphase verkürzt. Dies seien Schritte in die richtige Richtung.

Zum Weißbuch (EU-Fusionskontrolle):

Vestager führte dazu aus, dass die Kommission im Juli 2014 das Weißbuch „Eine wirksamere EU-Fusionskontrolle“ zur Überarbeitung einzelner Regelungen der EU-Fusionskontrollverordnung veröffentlicht habe, um eine „Durchsetzungslücke“ im Wettbewerbsrecht zu schließen. Die Lücke sei vor allem im Fall Ryanair/Aer Lingus  zu Tage getreten. Deshalb plane sie eine Ausweitung der Fusionskontroll-mechanismen auf wettbewerbsbeschränkende nicht-kontrollierende Minderheitsbeteiligungen erreichen. Ferner ziele die Kommission auf eine Verbesserung des Verweisungssystems von Fusionsfällen an die EU-Kommission bzw. an die nationalen Wettbewerbsbehörden vor und nach der Notifizierung. Vestager beschrieb weiter, dass die durchgeführte Konsultation gezeigt habe, dass große Skepsis bezüglich der Verhältnismäßigkeit de rfAusweitung der Fusionskontrolle auf wettbewerbsbeschränkende nicht-kontrollierende Minderheitsbeteiligungen bestehe. Sie sagte zu, das Thema noch einmal neu innerhalb der Kommission, aber auch mit Mitgliedstaaten und der betroffenen Öffentlichkeit Es gebe keinen Grund zur Eile.

Wörtlich sagte sie dazu:

What have we learned from the replies? While many acknowledge that there may be an enforcement gap, there is widespread concern regarding the proportionality of the White Paper's approach to closing that gap. Is it balanced? Will it work well? Against this background, my conclusion is that that the balance between the concerns that this issue raise and the procedural burden of the proposal in the White Paper may not be the right one and that the issues need to be examined further.

Any system for the control of minority shareholdings at EU level would need to be carefully designed. Otherwise we risk adding too much red-tape that would not be justified by the number of cases that we could take on. To design such a system takes time and we need to discuss the modalities of any such system again internally, with Member States, and other stakeholders. There is no need to rush. What counts is that the new rules – when they are introduced – work well and are proportionate to the problem.

An anderer Stelle sagte Vestager allerdings, dass die Kommission darüber nachdenke, künftig ähnlich wie im US-System auch den Kaufpreis des Zielunternehmens als mögliche Aufgreifschwelle einzuführen (size of transaction test). Sie fragte zudem, ob es nicht an der Zeit sei, gemeinsame europäische Regelungen in der Fusionskontrolle zu finden – ähnlich wie bei der Modernisierung des Kartellrechts.

Vestager führte weiter aus, dass die Marktdefinition weiterhin fallbezogen und entsprechend flexibel gehandhabt werden solle. Märkte würden sich ständig verändern, wie man im digitalen Bereich und im Energiebereich sehen könne. Bei der Marktabgrenzung sei sie skeptisch hinsichtlich einer möglichen Ausweitung der Marktdefinition auf globale Märkte. Hier werde es voraussichtlich keine Änderungen geben. Vestager machte zudem deutlich, dass die Fusionskontrolle kein Hindernis auf dem Weg zu größerer europäischer Wettbewerbsfähigkeit darstelle. Die Kommission habe in den letzten 10 Jahren 2800 Fusionen bedingungslos freigegeben und nur fünf untersagt. Es würde nur untersagt werden, wenn es keinen anderen Weg gäbe, um einen Markt wettbewerbsfähig zu belassen.