20.11.2019

Rede („Challenges to Antitrust in a Changing Economy“) von Assistant Attorney General Makan Delrahim

Der amtierende Assistant Attorney General Makan Delrahim des U.S.-amerikanischen Justizministeriums (Department of Justice, DOJ) hat am 8. November 2019 anlässlich der Harvard Law School & Competition Policy International Conference eine Rede über "Challenges to Antitrust in a Changing Economy" gehalten.

Delrahim berichtete unter anderem über die Motivation und die Umsetzung der kartellrechtlichen Untersuchungen auf datengesteuerten Märkten. So habe das DOJ erst jüngst kartellrechtliche Bedenken gegenüber der Verarbeitung persönlicher Daten großer Tech-Konzerne geäußert. Das DOJ untersuche aktuell, wie sich Marktmacht in Branchen bilde, in denen Daten eine Schlüsselrolle im Geschäftsmodell spielen. Delrahim betonte, dass die Aggregation großer Datenmengen Wege zum Missbrauch eröffnen könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn Verbraucherdaten, die für den kommerziellen Gebrauch erhoben, aggregiert und analysiert würden, persönlicher Natur seien. Personenbezogene Daten seien zum lukrativen „Öl" für das digitale Zeitalter geworden. Datenmissbrauch könne Verbraucher und Wettbewerber gleichermaßen schädigen.

Daten würden oft anhand dreier Dimensionen kategorisiert, auch als die drei "V's" bezeichnet: Datenvolumen („Volume"), Vielfalt der Daten („Variety") und Geschwindigkeit der Daten („Velocity"), die sich darauf bezögen, wie schnell Daten erzeugt und gesammelt werden.   Manchmal gebe es auch Diskussionen über ein viertes V, bezogen auf den Wert der Daten („Value").  Jede dieser Dimensionen könne es einem Unternehmen ermöglichen, Erkenntnisse zu gewinnen, die ein digitales Produkt oder eine digitale Dienstleistung stärkten. Man müsse verstehen, dass Datenerkenntnisse in der digitalen Wirtschaft im gesamten Ökosystem des Internets manchmal auf eine Weise kombiniert würden, die über die Produktverbesserung hinausgehe und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher insgesamt beeinflusse.

Delrahim versuchte Antworten geben, wie Kartellbehörden Missbrauchsverfahren führen könnten. Er konstatierte, dass beim Fehlen von Preiswettbewerb, schon die Marktdefinition schwierig sein könne. Um untersuchen zu können, wie sich Marktmacht in Branchen manifestiere, in denen Daten eine Schlüsselrolle spielen, in denen aber ansonsten „Nullpreise" vorherrschten, müssten die Kartellbehörden vielleicht künftig eine größere Rolle spielen und Marktmacht eventuell eher anhand der Kontrollanteile an Daten messen und nicht anhand von Umsatzzahlen oder anderer traditioneller Methoden. Delrahim betonte, dass Daten auch auf Nullpreismärkten zumindest ein wirtschaftlicher Wert zukomme. Die Erhebung von Daten könne aber auch über deren bloßen kommerziellen Wert hinausgehen und normative Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre aufwerfen. Obwohl dabei in erster Linie der Bereich des Verbraucherschutzrechts berührt sei, „wäre es ein schwerer Fehler zu glauben, dass Datenschutzbedenken bei Kartellanalysen nie eine Rolle spielen können", so Delrahim.

Abschließend bekräftigte Delrahim, dass der bestehende Rechtsrahmen flexibel genug sei, „um Schäden in alten und neuen Industrien gleichermaßen zu erkennen und zu beheben". Die Aufgabe des Justizministeriums sei es, das Kartellrecht zur Sicherung freier Märkte und Innovation in allen Branchen rechtzeitig und wirksam durchzusetzen. Zu diesem Zweck werde das DOJ seine personellen Ressourcen in nächster Zeit weiter aufstocken.