16.03.2020

Französische Wettbewerbsbehörde veröffentlicht Bericht zu Plattformen

Englische Übersetzung:

https://www.autoritedelaconcurrence.fr/sites/default/files/2020-03/2020.03.02_contribution_adlc_enjeux_numeriques_vf_en.pdf

Am 21. Februar 2020 hat die französische Wettbewerbsbehörde (Autorité de la concurrence) einen Beitrag über Wettbewerbspolitik und digitale Fragen veröffentlicht. Sie versteht diesen Beitrag als Beteiligung an der aktuellen Diskussion über eine Reform des Wettbewerbsrechts auf europäischer und globaler Ebene. Sie zieht darin Bilanz ihrer Analysen zieht und unterbreitet Reformvorschläge angesichts der Herausforderungen der digitalen Wirtschaft auf Wettbewerbsstrukturen. Der Beitrag befasst sich mit der Behandlung wettbewerbswidriger Praktiken im Zusammenhang mit der digitalen Wirtschaft sowie mit Fragen der Fusionskontrolle.

Zu diesem Zweck schlägt die Wettbewerbsbehörde insbesondere Elemente zu einer (dreistufigen) Definition von „Strukturierungsplattformen" („platformes structurantes") vor. Dies seien Plattformen, die Online-Vermittlungsdienste anböten, um Waren, Inhalte oder Dienstleistungen zu tauschen, zu kaufen oder zu verkaufen. Eine solche Plattform sollte aufgrund ihrer Größe, ihrer finanziellen Kapazität, ihrer Nutzergemeinschaft oder der Daten in der Lage sein, die Märkte zu gestalten und den Zugang zu kontrollieren, um das Funktionieren der Märkte, auf denen sie tätig ist, erheblich zu beeinflussen. Gemeinsam sei diesen Plattformen, dass sie über eine beträchtliche Marktmacht im Markt verfügten, auf dem sie hauptsächlich tätig sind, aber auch auf benachbarten Märkten aufgrund ihres Status als "Torwächter" („Gatekeeper").

Die Behörde möchte prüfen, inwieweit Regelungen erlassen werden könnten, die speziell die so genannten "strukturierenden" Betreiber („acteur structurants") betreffen. Diese Betreiber seien so wichtig geworden, dass ein Teil ihres Verhaltens das ordnungsgemäße Funktionieren des Wettbewerbs auf den Märkten, auf denen sie marktbeherrschend sind, aber auch außerhalb dieser Märkte beeinträchtigen könne, und zwar aufgrund ihrer Entwicklungs- und Produktionskapazitäten, die unter anderem auf ihre finanzielle Leistungsfähigkeit, den Nutzen erheblicher Netzwerkeffekte im Zusammenhang mit ihrer großen Nutzergemeinschaft oder die Daten, zu denen sie Zugang haben, zurückzuführen seien.

Verschiedene Verhaltensweisen, die von diesen strukturierenden Plattformen ausgeübt werden, könnten sich aus wettbewerbsrechtlicher Sicht tatsächlich als problematisch erweisen, wie z. B. die Diskriminierung von konkurrierenden Produkten oder Dienstleistungen oder die Behinderung des Zugangs zu Märkten, in denen sie nicht strukturiert sind, die Verwendung von Daten in einem beherrschten Markt, um den Zugang zu erschweren, die Behinderung der Interoperabilität von Produkten oder Dienstleistungen oder der Datenportabilität, die Behinderung des Multi-Homing, ohne dass es immer möglich sei, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung festzustellen.

Die Behörde schlug auch eine Liste von Praktiken vor, die diese Plattformen nicht ausüben dürften, einschließlich der Diskriminierung von Wettbewerbsprodukten, die ihre Dienste nutzen, und der Beschränkung des Zugangs zu Märkten, auf denen sie nicht marktbeherrschend ist. Der Bericht nimmt in diesem Zusammenhang explizit auf den Referentenentwurf des BMWi zur 10. GWB-Novelle vom 24. Januar 2020 Bezug, der mit § 19 a GWB (neu) eine spezielle Regulierungsvorschrift einzuführen gedenkt (vgl. dazu FIW-Bericht vom 29. Januar 2020).

Die Behörde schlägt darüber hinaus eine Reihe von weiteren Möglichkeiten vor, um etwaigen wettbewerbswidrigen Praktiken in der digitalen Wirtschaft zu begegnen. Sie erwägt dabei mögliche Anpassungen des Konzepts der Marktbeherrschung und der wesentlichen Infrastruktur(„essential facility"), um den Merkmalen der digitalen Wirtschaft Rechnung zu tragen, die unter anderem durch die Bedeutung von Daten oder die Existenz hoher Nutzerzahlen. gekennzeichnet sei. In Betracht kämen auch zunehmend Verpflichtungsverfahren im digitalen Bereich, die eine besonders schnelle und angemessene Reaktion ermöglichten. Dies betreffe etwa Verpflichtungen, die gegenüber den „strukturellen Betreibern" in Bezug auf Interoperabilität, Nichtdiskriminierung oder Datenzugang durchsetzbar seien.

Die Behörde befürwortet zudem den verstärkten Einsatz von einstweiligen Maßnahmen auf europäischer Ebene, was eine Änderung der geltenden Rechtsnorm erforderlich machen würde.

Im Hinblick auf Änderungen in der Fusionskontrolle schlägt die Wettbewerbsbehörde vor, künftig den potenziellen Wettbewerb, die Untersuchung von konglomeraten Auswirkungen und den relevanten Zeithorizont bei einer Fusionsprüfung besser zu berücksichtigen. Außerdem sollen Berichtspflichten für bestimmte Fusionen im digitalen Bereich eingeführt werden. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass die Wettbewerbsbehörden die Befugnis erhalten sollen, die Anmeldung von Zusammenschlüssen unterhalb der Schwellenwerte zu verlangen, wenn solche Transaktionen unter bestimmten, im Voraus festgelegten Bedingungen geeignet seien, Wettbewerbsbedenken zu wecken.