01.12.2021

EU nimmt Mitteilung zu „Important Projects of Common European Interest (IPCEI)“ im Beihilfenrecht an

EU
Kommission
Beihilfenrecht
Mitteilung
Wichtige Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse (IPCEI)

 

Pressemitteilung mit Link zur Mitteilung und zum Annex: State_aid__Commission_adopts_revised_State_aid_rules_on_Important_Projects_of_Common_European_Interest (1).pdf

Die EU-Kommission hat am 25. November 2021 ihre überarbeitete beihilferechtliche Mitteilung zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („Important Projects of Common European Interest" - IPCEI) nebst einem Annex angenommen. Sie tritt am 1. Januar 2022 in Kraft (vgl. dazu FIW-Berichte vom 10.12.20 und 25.02.21).

In der IPCEI-Mitteilung ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten grenzübergreifende Vorhaben mit strategischer Bedeutung für die EU im Einklang mit Artikel 107 Abs. 3 b AEUV unterstützen können. Die Mitteilung soll den Mitgliedsstaaten vor allem als Instrument dienen, große transnationale Vorhaben von strategischer Bedeutung, die das nachhaltige Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken, zu fördern. Die überarbeitete IPCEI-Mitteilung enthält jetzt eine Reihe gezielter Anpassungen, um den Erfahrungen aus der Anwendung der IPCEI-Mitteilung von 2014 Rechnung zu tragen und die relevanten Vorschriften an die aktuellen EU-Prioritäten anzupassen. Die neue Mitteilung umfasst insbesondere folgende Änderungen:

Es wird nun explizit dargelegt, dass das Vorhaben einen konkreten, klaren und erkennbaren wichtigen Beitrag zu den Zielen oder Strategien der Union leisten muss, beispielsweise zum europäischen Grünen Deal, zur Digitalstrategie, zur digitalen Dekade oder zur europäischen Datenstrategie, zur neuen Industriestrategie für Europa und deren Aktualisierung, zu „Next Generation EU", zur europäischen Gesundheitsunion, zum neuen Europäischen Forschungsraum für Forschung und Innovation, zum neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft oder zum Ziel der Union, bis 2050 klimaneutral zu werden. Zudem können IPCEI nach beträchtlichen Störungen des Wirtschaftslebens, wie sie durch die COVID-19-Pandemie ausgelöst wurden, zu einer nachhaltigen Erholung beitragen und die Bemühungen zur Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit der Union unterstützen.

Künftig müssen an einem Vorhaben mindestens vier Mitgliedstaaten beteiligt sein, sofern nicht die Art des Vorhabens eine geringere Zahl rechtfertigt. In begründeten Ausnahmefällen können auch weniger als vier Mitgliedstaaten an dem Vorhaben beteiligt sein, allerdings nicht weniger als zwei. In allen Fällen muss zuvor allen Mitgliedstaaten eine echte Gelegenheit geboten worden sein, z. B. durch vorbereitende Kontakte oder Treffen, sich an einem neu entstehenden Vorhaben zu beteiligen.

Die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) an IPCEI soll künftig erleichtert werden. KMU sollen künftig an IPCEI teilnehmen und von ihnen profitieren können. Große Unternehmen sollen möglichst KMU als Partner miteinbeziehen, was ein Kriterium für eine „positivere Bewertung" seitens der Kommission wäre.

In der überarbeiteten IPCEI-Mitteilung wird bestätigt, dass IPCEI über die teilnehmenden Mitgliedstaaten und Unternehmen hinaus erhebliche positive Spillover-Effekte in der gesamten EU erzeugen müssen. Darüber hinaus müssen weiterhin strenge Vorkehrungen getroffen werden, damit die Beihilfen auf das erforderliche Maß beschränkt sind und keine unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen bewirken. Die Mitgliedstaaten müssen beispielsweise nachweisen, dass die angemeldeten Vorhaben dem Grundsatz der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen Rechnung tragen. Es soll zudem geprüft werden, ob die Beihilfe Verlagerungen einer Produktionstätigkeit oder anderer Tätigkeiten in anderen Staaten Vorschub leistet. Zur weiteren Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit einer Beihilfe sollen Rückforderungsmechanismen für zusätzliche Nettoeinnahmen des Beihilfeempfängers vorgesehen werden. Außerdem wird in der Regel eine erhebliche Kofinanzierung durch den Begünstigten verlangt.

Die Mitteilung enthält weitere Ergänzungen, insbesondere in Bezug auf die Definition des Begriffs „integriertes Vorhabens", das Vorliegen von Markt- oder Systemversagen oder gesellschaftlichen Herausforderungen, die Definition der „ersten gewerblichen Nutzung", die Bewertung kontrafaktischer Szenarien, die Kumulierung und die Transparenz.