08.05.2015

EU-Kommisson leitet Sektoruntersuchung für den elektronischen Handel ein

Die EU-Kommission hat am 6. Mai 2015 eine kartellrechtliche Sektoruntersuchung im Bereich des elektronischen Handels in der Europäischen Union eingeleitet. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte den Vorstoß bereits im März in Berlin auf der Internationalen Kartellrechtskonferenz des Bundeskartellamts angekündigt (vgl. FIW-Bericht vom 02.55.2015). Mit der Untersuchung will die Kommission mögliche Wettbewerbshindernisse auf den europäischen Märkten für den elektronischen Handel ermitteln und ergänzt damit die Maßnahmen, die in der ebenfalls am 6. Mai 2015  angenommenen Strategie für einen digitalen Binnenmarkt eingeleitet wurden. Die aus der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse sollen nicht nur die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts im elektronischen Handel unterstützen, sondern auch verschiedene von der Kommission geplante Rechtsetzungsinitiativen zur Förderung des digitalen Binnenmarkts voranbringen. 

Anlass und Inhalt der Sektoruntersuchung:

Auch Sicht der EU-Kommission besteht der Verdacht, dass der Wettbewerb beim elektronischen Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht gut funktioniert. Vestager hatte zuvor bereits beklagt, dass der grenzüberschreitende Online-Handel innerhalb der EU nur langsam zunehme. Es gebe dafür zwar unterschiedliche Gründe, wie Sprachbarrieren, unterschiedliche Verbraucherpräferenzen und Rechtsvorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten. Allerdings gebe es auch Hinweise darauf, dass einige Unternehmen möglicherweise Maßnahmen treffen, um den grenzüberschreitenden elektronischen Handel einzuschränken. Hierzu gehörten neben rechtlichen Hindernissen oftmals auch vertragliche Vereinbarungen zwischen Herstellern und Händlern, durch die Märkte aufgeteilt werden und der Wettbewerb beschränkt werde. So gaben in einer Eurostat-Erhebung 32 % der Einzelhändler an, dass sie aufgrund vertraglicher Vorgaben in ihren Vertriebsvereinbarungen keine grenzüberschreitenden Dienstleistungen erbringen würden. Die Sektoruntersuchung soll nun dazu beitragen, die wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen besser zu erkennen und dagegen vorzugehen. Das Hauptaugenmerk der Untersuchung soll auf den von Wirtschaftsbeteiligten errichteten Schranken und insbesondere auf vertraglichen Hemmnissen für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel mit Waren und digitalen Inhalten liegen. Dabei soll ein spezieller Fokus auf dem elektronischen Handel mit Bekleidung, Schuhen, Elektronik sowie digitalen Inhalten stehen, die nach Angaben der Kommission besonders häufig über das Internet vertrieben werden.

Hintergrund:

Im Jahr 2014 hat rund die Hälfte aller Verbraucher in der EU Käufe über das Internet getätigt. Allerdings hätten nur 15 % von ihnen bei einem Händler aus einem anderen EU-Mitgliedstaat eingekauft. Dies weist nach Ansicht der Generaldirektion Wettbewerb darauf hin, dass es in der EU nach wie vor erhebliche Hindernisse für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel gebe. So könnte Verbrauchern z. B. durch Techniken wie Geoblocking der Zugang zu bestimmten Websites verwehrt werden. Dadurch kann der einzelne Kunde aufgrund seiner geographischen Herkunft identifiziert werden, zum Beispiel durch die Nutzung von Kreditkartendaten oder der eigentlichen Herkunfts-oder IP-Adresse.

Nächste Schritte:

Die Kommission wird in den kommenden Wochen Auskunftsersuchen an verschiedene Akteure in der gesamten EU richten. Adressaten können beispielsweise Hersteller und Großhändler sowie im elektronischen Handel tätige Einzelhändler sein. Die Kommission plant für Mitte 2016 die Veröffentlichung eines vorläufigen Berichts zu Konsultationszwecken. Der abschließende Bericht soll im ersten Quartal 2017 vorliegen.