10.11.2022

EU-Kommission nimmt zweite Änderung des Befristeten Krisenrahmens (TCF) an

EU
Kommission
Beihilfenrecht
Befristeter Rahmen
Ukraine

Zweite Änderung des TCF:  C_2022_7945_1_EN_ACT_part1_v5.pdf (europa.eu) 

In ihrem jüngsten Energiekrisenpaket vom 18. Oktober 2022 hatte die EU-Kommission ihre Absicht geäußert, den Befristeten Krisenbeihilferahmen (TCF) vom 20. Juli 2022 erneut zu überarbeiten, um den Mitgliedstaaten – unter Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen – mehr Spielraum bei der Unterstützung ihrer Unternehmen einzuräumen (vgl. zum Krisenrahmen auch FIW-Berichte vom 22.08.22, 15.07.22 und 28.02.22). 

Am 28. Oktober 2022 hat die EU-Kommission die zweite Änderung des befristeten Krisenrahmens (TCF) veröffentlicht, die neben einer Verlängerung des zeitlichen Rahmens bis Ende 2023 auch den zulässigen Höchstbetrag für staatliche Beihilfen anhebt. Damit vereinfacht die EU-Kommission auch die Genehmigungsfähigkeit der in Deutschland geplanten Gaspreisbremse. Durch die Beihilfemaßnahmen sollen die Unternehmen und die Wirtschaft unterstützt werden und dennoch das Ziel, die Stromnachfrage insgesamt zu senken, nicht aus den Augen verloren werden. 

Die Eckpunkte der aktualisierten Krisenbeihilferegelung belaufen sich auf Folgende: 

•  Verlängerung des TCF bis 31.12.2023 

•  Ausweitung der Beihilfeobergrenze in Kapitel 2.1 von 500.000 EUR auf 2 Mio. EUR pro Unternehmen  

• Ausweitung des Anwendungsbereichs von Kapitel 2.4 von drei auf vier Stufen: 

(1) Beihilfefall für alle Unternehmen,

(2) für Begünstigte, die von den hohen Energiepreisen besonders stark betroffen sind,

(3) für energieintensive Unternehmen,

(4) für energieintensive Unternehmen, die auf der Sektorenliste des TCF-Annex I gelistet sind; Annex I-Liste wurde ausgeweitet. 

•  Flexibilisierung der Beihilfekriterien über eine Anhebung der Förderobergrenzen pro Begünstigtem von bislang 2/25/50 Mio. EUR auf 4/100/50-150Mio EUR: für die Zwecke von Abschnitt 2.4 kann der Begriff "Begünstigter" nicht nur den Unternehmenskonzern (wirtschaftliche Einheit), sondern auch einzelne Unternehmensteile („legal entity“) bezeichnen. Die neu festgelegten Maximalförderbeträge dürfen „zu keinem Zeitpunkt“ überschritten werden, sie richten sich damit nicht nach dem Kalenderjahr. 

•  Flexibilisierung der Beihilfekriterien über eine Aufweichung des EBITDA-Kriteriums (zukünftig sind keine Verluste notwendig, um sich für eine Beihilfe qualifizieren zu können, sondern das EBITDA muss um einen bestimmten Prozentsatz reduziert sein). 

•  Flexibilisierung über Multiplikationsfaktor 1,5 (statt 2) in der Formel zur Berechnung der förderfähigen Kosten: der beihilfefähige Zeitraum ist von 01.02.2022 bis 31.12.2023. 

•  Es ist nicht erforderlich, dass Unternehmen zum Erhalt der Beihilfe ex ante die Einhaltung sämtlicher Beihilfekriterien nachweisen: Ex-post-Rückforderungen sind im Falle einer Überkompensation innerhalb von sechs Monaten möglich („claw backs“). 

•  Die Mehrkosten basierend auf außergewöhnlich hohen Gas- und Strompreissteigerungen müssen bis 31.12.2023 gewährt worden sein, sofern in dem jeweiligen Mitgliedsstaat keine Vorauszahlungen gewährt werden, wird diese Frist auf den 31.03.2024 verlängert. 

•  Die Beihilfe kann direkt an den Begünstigten oder über einen Energieversorger ausbezahlt werden. 

Hintergrund: 

Nach der Invasion der Ukraine durch Russland legte die EU-Kommission einen Vorschlag für einen Befristeten Krisenrahmen zur Stützung der Wirtschaft vor. Dieser sollte die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges abfedern und eine Unterstützung der Mitgliedsstaaten für stark betroffene Unternehmen und Branchen ermöglichen, während gleichzeitig die Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen sichergestellt werden sollte.

Im Mai genehmigte die Kommission zwei der deutschen Rahmenregelungen, die auf Basis des befristeten Krisenrahmens entworfen wurden. Im Juni konsultierte die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten zu einer Anpassung des Krisenrahmens hinsichtlich der Beihilfeobergrenze. Die Investition in erneuerbare Energien sollte erleichtert werden. Eine erste Änderung des Rahmens wurde am 20. Juli 2022 angenommen. 

Am 6. Oktober konsultierte die Kommission die Mitgliedsstaaten erneut zu einer Anpassung des Krisenrahmens. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission sah eine Beschränkung des Krisenrahmens bis 31. Dezember 2022 vor. Diese zunächst vorgesehene Auslauffrist stand seit Beginn unter dem Vorbehalt, dass die Angemessenheit der Laufzeit stetig neu geprüft würde und bei Bedarf verlängert werden könnte. Der Krisenrahmen ist nun bis zum 31.12.2023 verlängert worden, damit es den Mitgliedsstaaten ermöglicht werden soll, die Wirtschaft weiterhin im notwendigen Umfang zu unterstützen.