05.04.2017
EU-Kommission legt Richtlinienvorschlag zur Stärkung der Durchsetzungsbefugnisse der nationalen Wettbewerbsbehörden vor
EU
|
https://ec.europa.eu/competition/antitrust/proposed_directive_de.pdf |
Begleitende Materialien zu dem Richtlinienentwurf sind unter diesem Link zu finden: https://ec.europa.eu/competition/antitrust/nca.html
Am 22. März 2017 hat die EU-Kommission einen Richtlinienentwurf „zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts", auch als „ECN+-Vorschlag bekannt geworden, veröffentlicht. Die Richtlinie soll eine einheitliche Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts durch die nationalen Kartellbehörden gewährleisten. Hierzu sollen ein gemeinsames Mindestinstrumentarium und wirkungsvollere behördliche Durchsetzungskompetenzen geschaffen werden.
Die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden arbeiten im Rahmen des Europäischen Wettbewerbsnetzes (ECN) eng zusammen. Dieses Netz ist die Grundlage für eine kohärente Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften durch alle an der Durchsetzung beteiligten Behörden. Durch die enge Zusammenarbeit im ECN haben sich die nationalen Systeme der Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts in den vergangenen Jahren angenähert. Dennoch gibt es an vielen Stellen Inkonsistenzen, die die Anwendung des Kartellrechtes gerade in Fällen, in denen mehrere Kartellbehörden handeln, erschweren und zu divergierenden Untersuchungsergebnissen sowie zu Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen führen können.
Nach einer 2015/2016 (bis 12.02.16) durchgeführten Konsultation hat die Kommission einigen Raum für Verbesserungen identifiziert. Sie möchte mit der Richtlinie vor allem folgende Regelungsbereiche verankern:
- Wahrung der Unabhängigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden bei der Durchsetzung des EU‑Wettbewerbsrechts. Die Behörden sollten über die für ihre Arbeit erforderlichen Ressourcen und Mitarbeiter verfügen
- Nationale Wettbewerbsbehörden sollen stärkere Durchsetzungsbefugnisse erhalten über die richtigen Instrumente zur Aufdeckung und Ahndung von Verstößen gegen die EU‑Wettbewerbsvorschriften verfügen. So will die Kommission z. B. gewährleisten, dass alle nationalen Kartellbehörden nicht nur die Befugnis haben, geschäftliche Räume zu durchsuchen und Unterlagen einzusehen, sondern auch Zugang zu elektronisch gespeicherten Daten erhalten. Allen nationalen Behörden sollen zudem angemessene Instrumente zur Verhängung abschreckender Sanktionen zur Verfügung stehen. Alle Mitgliedstaaten sollen daher auch Regeln zur Haftung von Muttergesellschaften bei Verstößen ihrer Töchter und zur Haftung des Rechtsnachfolgers vorsehen, um konzerninterne Umstrukturierungen zur Vermeidung von Bußgeldern zu verhindern.
- Schaffung wirksamer Kronzeugenregelungen, die einen Anreiz für Unternehmen schaffen, in einem oder auch mehreren Ländern Beweise für rechtswidrige Kartelle vorzulegen. Der Entwurf sieht einheitliche Grundregeln (ECN Leniency Model) für die in den Mitgliedstaaten teilweise sehr unterschiedlich gehandhabten Kronzeugenprogramme vor. Ein One-Stop-Shop ist damit nicht verbunden.