06.01.2021

EU-Kommission legt Digital Markets Act (DMA) vor

Am 15. Dezember 2020 hat die EU-Kommission ein Gesetzespaket in Form zweier Verordnungsvorschläge für eine Plattformregulierung vorgelegt: zum einen den Verordnungsvorschlag für einen Binnenmarkt für digitale Dienstleistungen, den sog. Digital Services Act veröffentlicht und zum anderen den Verordnungsvorschlag für „wettbewerbsfähige und faire Märkte im digitalen Sektor“, den sog. Digital Markets Act (DMA). Mit dem DMA möchte die EU-Kommission den Wettbewerb auf digitalen Märkten sichern und die Macht dominanter Plattformen begrenzen. 

Im Einzelnen: 

1. Die EU-Kommission stellt mit dem DMA in sechs Kapiteln eine Ex-ante-Regulierung für marktmächtige Plattformen, d. h. für sog. „Gatekeeper“, vor. Im Fokus stehen dabei die großen Anbieter zentraler Plattformdienste („core plattforms“). 

Kapitel II enthält die Bestimmungen über die Einstufung von Gatekeepern. Insbesondere werden die Bedingungen festgelegt, unter denen Anbieter von zentralen Plattformdiensten entweder auf der Grundlage der quantitativen Kriterien oder nach einer Einzelfallprüfung im Rahmen einer Marktuntersuchung als "Gatekeeper" benannt werden sollten (Artikel 3).

Gatekeeper zeichnen sich danach dadurch aus, dass sie eine starke wirtschaftliche Position und Größe haben, die sich auf den Binnenmarkt auswirkt. Davon wird ausgegangen, wenn das Unternehmen in den letzten drei Geschäftsjahren im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) einen Jahresumsatz von mindestens 6,5 Mrd. EUR erzielt hat oder wenn sich seine durchschnittliche Marktkapitalisierung oder ein entsprechender Marktwert im letzten Geschäftsjahr auf mindestens 65 Mrd. EUR belief und das Unternehmen in mindestens drei Mitgliedstaaten einen zentralen Plattformdienst erbringt. Weitere Kriterien sind, dass das Unternehmen ein wichtiges Zugangstor zu den Endverbrauchern für gewerbliche Nutzer darstellt. Davon wird ausgegangen, wenn das Unter-nehmen einen zentralen Plattformdienst betreibt, der im Monat über 45 Mio. aktive Endnutzer, die in der EU niedergelassen sind oder sich dort aufhalten, hat und im letzten Geschäftsjahr über 10 000 aktive gewerbliche Nutzer mit Niederlassung in der EU hatte. Zudem muss das Unternehmen eine gefestigte und dauerhafte Position haben, wovon ausgegangen wird, wenn es die beiden anderen Kriterien in jedem der letzten drei Geschäftsjahre erfüllt hat.

Wenn Unternehmen diese quantitativen Schwellenwerte und Kriterien erfüllen, müssen sie dies selbstständig der Kommission melden; sie können ihrer Einstufung als Gatekeeper auch widersprechen. Innerhalb von sechs Monaten nach Einstufung eines Unternehmens als „Torwächter“ muss es die im DMA aufgeführten „Gebote“ und „Verbote“ einhalten. Die Kommission wird eine Liste der Unternehmen veröffentlichen, die sie als Gatekeeper einstuft und diese regelmäßig überprüfen. 

2. Mit der Verordnung sollen Gatekeepern bestimmte, den Markt schädigende, unlautere Geschäftspraktiken untersagt werden können Kapitel III enthält automatisch umzusetzende („self-executory“) Verbote und Gebote (Artikel 5) und näher zu spezifizierende Verpflichtungen (Artikel 6). Zu den Verboten gehören z. B. Preis- und Konditionendiskriminierung, die Hinderung der De-Installation vorinstallierter Software oder Apps, die Zweckentfremdung und eigene Nutzung von Daten gewerblicher Nutzer und weitere Behinderungspraktiken gegenüber gewerblichen Nutzern. 

Die Verordnung will andererseits Gatekeeper auch zu einer Reihe von Maßnahmen verpflichten. Hierzu gehören Interoperabilitätspflichten und Datenteilungspflichten sowie die Pflicht, einen Datenumzug zu einem anderen Anbieter zu ermöglichen. Gatekeeper sollen Unternehmen, die Werbung auf ihrer Plattform betreiben, zudem Zugang zu den Instrumenten zur Leistungsmessung des Gatekeepers und zu den Informationen gewähren, die die Werbetreibenden und Verleger benötigen, um ihre eigene unabhängige Überprüfung ihrer auf den Plattformen des Torwächters geschalteten Werbung vornehmen zu können. Es muss gewerblichen Nutzern ermöglicht werden, für ihre Angebote zu werben und mit ihren Kunden Verträge außerhalb der Plattform des Gatekeepers abzuschließen. 

3. Als Sanktionen gegen Verstöße werden mögliche Geldbußen in Höhe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Umsatzes eines Gatekeepers vorgesehen (Kapitel V, Artikel 26). Im Wiederholungsfall könnten diese Sanktionen auch die Verpflichtung umfassen, strukturelle Maßnahmen zu ergreifen, die sich sogar auf die Veräußerung bestimmter Geschäftsbereiche erstrecken können, wenn es keine andere ebenso wirksame Alternative gibt, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen. Außerdem bestehen Möglichkeiten für den Einsatz weiterer Instrumente wie den Erlass einstweiliger Maßnahmen (Artikel 22) und einer freiwilligen Zusagenpraxis (Artikel 23). 

4. Die Kommission soll zudem die Befugnis erhalten, Marktuntersuchungen durchzuführen und Unternehmen in Folge dieser als Gatekeeper einzustufen (Kapitel IV). Darüber hinaus sollen Marktuntersuchungen ein zentrales neues Instrument sein, um Wettbewerbsprobleme frühzeitig zu entdecken, auf mögliche neue problematische Praktiken zu reagieren und Monopolstellungen im Vorhinein („Tipping“) zu vermeiden. 

Nächste Schritte: 

Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten (Rat) werden den Vorschlag der Kommission im weiteren ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erörtern. Nach seiner Verabschiedung, mit der derzeit nicht vor Ablauf von zwei Jahren gerechnet wird, wird die Verordnung unmittelbar in der gesamten EU gelten.