19.01.2015
EU-Kommission dehnt Untersuchungen zu Steuervorentscheidungen auf sämtliche Mitgliedstaaten aus
EU
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https://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-2742_de.htm |
Die EU-Kommission hat am 17. Dezember 2014 mitgeteilt, dass sie ihr beihilferechtliches Auskunftsersuchen zu Steuerentscheiden auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet habe. Sie will insbesondere von den Mitgliedstaaten wissen, ob diese verbindliche Steuerentscheide (so genannte "tax rulings") erteilen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, Informationen über ihre Steuerentscheide zu erteilen und gegebenenfalls eine Liste aller Unternehmen, die zwischen 2010 bis 2013 einen Steuerentscheid erhalten haben, bereitzustellen. Die Kommission hatte bereits im Juni 2013 einige Mitgliedstaaten um ähnliche Informationen über Steuerentscheide gebeten.
Hintergrund:
Angesichts der im April 2014 einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewordenen Praktiken eines Mitgliedstaats, verbindliche Vorbescheide (Advance Tax Rulings) zu erteilen, wodurch Konzernen aus verschiedenen Ländern eine niedrige Besteuerung verbindlich zugesichert worden waren (bekannt geworden als Luxemburg Leaks), geht es der Kommission darum, festzustellen, ob und wo der Wettbewerb im Binnenmarkt durch derartige selektive Steuervergünstigungen verfälscht werde. Die Luxemburger Praxis hatte bei den begünstigten Konzernen zu Steuervermeidungen in erheblicher Höhe geführt.
Die EU-Kommission prüft nun schon seit Juni 2013 die verbindlichen Steuerauskünfte von sieben Mitgliedstaaten. Zunächst hatte die Kommission sechs Mitgliedstaaten (Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Zypern) um eine Übersicht über die erteilten verbindlichen Steuerauskünfte gebeten, dann auch Belgien um Informationen ersucht, unter anderem zu bestimmten verbindlichen Steuerauskünften.
Darüber hinaus hatte die Kommission auf der Grundlage des Beihilfenrechts im Juni 2014 das förmliche Prüfverfahren in drei Fällen eingeleitet: Apple in Irland, Starbucks in den Niederlanden und Fiat Finance & Trade in Luxemburg. Im Oktober 2014 hatte die Kommission ein weiteres Verfahren in Bezug auf Amazon in Luxemburg eingeleitet. Es wird geprüft, ob die Mitgliedstaaten diesen Unternehmen mit der Erteilung verbindlicher Steuerauskünfte einen selektiven Vorteil gewährt haben.
Die im Juli 2013 überarbeitete Verfahrensverordnung berechtigt die Kommission, nun alle Informationen anzufordern, die sie im Rahmen eines beihilferechtlichen Prüfverfahrens für notwendig erachtet, mithin auch Informationen von Dritten (auch anderen Mitgliedstaaten), die zeigen, ob Steuerpraktiken eines Mitgliedstaats bestimmte Unternehmen begünstigen.
Deutschland:
Das Auskunftsersuchen erstreckt sich nun auch auf Deutschlang. In Deutschland können gemäß § 89 Abs. 2 Satz 1 AO die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.