10.12.2018

Bundesrat befasst sich mit einer Initiative Bayerns zur Wiedereinführung des verpflichtenden Meisterbriefs in zulassungsfreien Handwerken

D
Bundesrat
Freie Berufe
Meisterzwang

Antrag Bayerns beim Bundesrat: http://www.bayern.de/wp-content//uploads/2018/09/meisterbrief_0464-18.pdf

BR-Entschließung zur Weitergabe an den Wirtschaftsausschuss: (https://www.bundesrat.de/SharedDocs/downloads/DE/plenarprotokolle/2018/Plenarprotokoll-970.pdf?__blob=publicationFile&v=2 )

Auf Initiative des Landes Bayern befasste sich der Bundesrat in seiner 970. Plenarsitzung vom 21.09.2018 mit der Wiedereinführung des verpflichtenden Meisterbriefs für zulassungsfreie Handwerke. In der Drucksache 464/18 wird eine Entschließung des Bundesrates per Antrag Bayerns vorbereitet, den verpflichtenden Meisterbrief in zulassungsfreien Handwerken wieder einzuführen. Der Bundesrat soll die Bundesregierung bitten, "unter Berücksichtigung der Belange des Handwerks, den verpflichtenden Meisterbrief für Handwerke wiedereinzuführen, bei denen dies geboten und rechtlich möglich ist".

Bayern begründet sein Vorhaben mit der Sicherung der Qualität der handwerklichen Arbeiten, dem Schutzgedanken des Verbraucherschutzes, der Nachhaltigkeit von Betriebsgründungen und der hieraus entstehenden betrieblichen Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus trage die Wiedereinführung des „Meisterzwangs" aber insbesondere maßgeblich zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses bei. Durch die Wiedereinführung des Meisterbriefes werde die Sicherung der Ausbildung in Bereichen wiederhergestellt und gewährleistet, wo sie zuletzt erheblich eingebrochen sei, da der Meisterbrief gemeinhin Bedingung zur Feststellung der Ausbildereignung darstelle.

Als Ergebnis der Befassung in der Plenarsitzung wurde der Antrag an den federführenden Wirtschaftsausschuss des Bundesrats verwiesen.

Hintergrund und weitere Auffassungen:

Die Handwerksordnung (HwO) unterscheidet bisher zwischen 41 zulassungspflichtigen Handwerken (Anlage A HwO) und 52 zulassungsfreien Handwerken (Anlage B Abschnitt 1 HwO) unterscheidet.

Bayern stellt sich durch den eingebrachten Vorstoß gegen die ursprüngliche Intention der EU-Kommission, das Handwerk mitgliedstaatenübergreifend zu liberalisieren und möglichst zulassungsfrei auszugestalten und somit den Binnenmarkt im Bereich der Niederlassungsfreiheit und der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu vertiefen.

Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom 16.08.2017 erachtet eine allgemeine Wiedereinführung der Meisterbriefpflicht kritisch vor dem Hintergrund von Art.  12  GG, der hohe Anforderungen an eine Begrenzung Berufsfreiheit durch gesetzgeberische Eingriffe stelle. Als legitime Ziele für eine Meisterbriefpflicht kämen zwar insbesondere die Gewährleistung eines hohen Qualitätsstandards zur Abwehr von Gefahren und die Ausbildungssicherung in Betracht. Allerdings stuft der wissenschaftliche Dienst des Bundestags das Vorhaben als Ganzes nicht als verhältnismäßig ein.

Insbesondere habe der Gesetzgeber gerade mit der Zulassungsbefreiung zum Ausdruck gebracht, dass die entsprechenden Leistungen auch von nicht besonders Ausgebildeten erbracht werden könnten - eine gegenteilige Argumentation konterkariere die letzte Reform der Handwerksordnung.

Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags: (https://www.bundestag.de/blob/529426/f870df47f82a4cb86347183c825fbe0d/wd-3-154-17-pdf-data.pdf )

Dieselbe Sichtweise vertrat auch bereits das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung zu einem im Jahr 2005 anhängigen Verfahren:

Wegen der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Situation ist zweifelhaft, ob die Regelung der alten Handwerksordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum noch verhältnismäßig war. Die wachsende Konkurrenz aus dem EU-Ausland lässt daran zweifeln, ob der große Befähigungsnachweis zur Sicherung der Qualität der in Deutschland angebotenen Handwerkerleistungen noch geeignet sein konnte. Es stellt sich die Frage, ob der hohe zeitliche und finanzielle Aufwand, den die Meisterprüfung erfordert, zumutbar ist, wenn Handwerker aus dem EU- Ausland für ein selbständiges Tätigwerden in Deutschland lediglich eine mehrjährige Berufserfahrung mit herausgehobener beruflicher Verantwortung benötigen, nicht dagegen eine dem Meistertitel entsprechende Qualifikation. Auch soweit der Gesetzgeber das Ziel der Ausbildungssicherung verfolgt, bestehen Zweifel an der Erforderlichkeit des Meisterzwangs. Dass es nicht zwingend ist, die Ausbildung ausschließlich Handwerksmeistern anzuvertrauen, könnte aus der Neuregelung des Handwerksrechts folgen. Nach der seit 2004 geltenden Fassung der Handwerksordnung sind unter bestimmten Voraussetzungen auch berufserfahrene Gesellen zur Ausbildung geeignet."

Pressemitteilung des BVerfG vom 15. Dezember 2005:

 (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2005/bvg05-125.html )

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) unterstützt hingegen den Vorstoß Bayerns zur Wiedereinführung des Meisterbriefs. Die Folgen der Handwerksnovelle von 2004 habe eine Abwärtsspirale im Bereich des Handwerks in Gang gesetzt, so der ZDB, die zu einer erheblichen Bedrohung für die duale Ausbildung geführt habe. Sie habe wiederum spiegelbildlich direkt spürbare Auswirkungen auf die Ausbildungsleistung gehabt, die mit der Ausbildungsbefähigung des Meisterbriefs verknüpft ist.

Quelle: https://www.handwerk.com/bundesratsinitiative-bayern-fordert-meisterpflicht-zurueck

Eine ähnliche Auffassung, d.h. ein „Ja zum Meister!", vertritt auch der Zentralverband des Handwerks (ZDH) geteilt, vgl. Websiteartikel vom 18.10.2017 (https://www.zdh.de/presse/beitraege/ja-zum-meister-und-ihn-staerken-wo-immer-es-moeglich-ist/ ).

Zuletzt sprach sich die Monopolkommission in ihrem XVI. Hauptgutachten aus dem Jahr 2006 nochmals gegenüber der Bundesregierung für eine gänzliche Abschaffung des Meisterzwangs als Marktzugangsvoraussetzung aus (vgl. dazu FIW-Bericht vom 18.07.2006).

XVI. Hauptgutachten der Monopolkommission :

(http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/16/024/1602460.pdf)