14.05.2020

Bundeskartellamt veröffentlicht Fallbericht zur Übernahme von Vossloh durch CRRC

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Kommission
Industriepolitik
Wettbewerbspolitik
China

Pressemitteilung: https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2020/27_04_2020_CRRC_Vossloh.html

Fallbericht: https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Entscheidung/DE/Fallberichte/Fusionskontrolle/2020/B4-115-19.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Am 27. April 2020 hat das Bundeskartellamt den Erwerb der Vossloh Locomotives GmbH, Kiel, durch CRRC Zhuzhou Locomotives Co., Ltd., Zhuzhou, einem im chinesischen Staatseigentum stehenden Unternehmen, freigegeben und dazu auch einen aufschlussreichen Fallbericht veröffentlicht.

Vossloh ist der Marktführer für die Herstellung von Rangierlokomotiven mit Dieselantrieb im Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz. CRCC ist eine Tochtergesellschaft der China Railway Rolling Stock Corporation, Ltd. und der weltweit größte Hersteller von Schienenfahrzeugen. CRRC bemüht sich seit Jahren um den Eintritt in die europäischen Märkte für Schienenfahrzeuge. CRRC übernimmt jetzt mit Vossloh einen wichtigen Hersteller von Rangierlokomotiven in Europa. Außerdem kann CRRC damit auf die Expertise des etablierten Herstellers Vossloh zugreifen im Hinblick auf die aufwändigen Zulassungsverfahren für Rangierlokomotiven. Auch die erfolgreiche Beteiligung an Ausschreibungsverfahren dürfte für CRRC im europäischen Raum leichter werden.

Besonders an diesem Fusionsfall war, dass das Bundeskartellamt hier zum ersten Mal einen Fall einer Beteiligung chinesischer Staatsunternehmen an einem deutschen bzw. europäischen Unternehmen in der Fusionskontrolle zu bewerten hatte. Nach eigenen Angaben des Amtes habe es sämtliche Besonderheiten, die mit der Übernahme eines europäischen Unternehmens durch ein chinesisches Staatsunternehmen einhergehen, gründlich geprüft.

Das Bundeskartellamt habe bei der Bewertung der Fusion auch die Möglichkeiten staatlicher Subventionen, die Verfügbarkeit von technischen und finanziellen Mitteln und die strategischen Vorteile aus anderen Unternehmensbeteiligungen in die wettbewerbliche Prognose einfließen lassen. Es habe sich auch mit der Gefahr von Niedrigpreis- und Dumpingstrategien und den Kostenvorteilen aufgrund des staatlich geförderten Engagements von CRRC in vielen anderen Märkten auseinandergesetzt.

Vossloh habe in den vergangenen Jahren an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Gleichzeitig seien neue Wettbewerber mit innovativen Antriebstechniken in den Markt eingetreten. CRRC habe auf dem europäischen Markt hingegen bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Es galt zudem, die möglich Marktstellung von CRRC in Zukunft zu bewerten. Hierfür hat das Bundeskartellamt einen Prognosezeitraum von 5 bis 10 Jahren angesetzt.

Die Bedenken, die das durchaus Bundeskartellamt anfänglich gehabt habe, hat es am Ende fallen gelassen. Erforderlich sei stets eine konkrete Marktbetrachtung anhand der tatsächlichen Marktverhältnisse fernab von politischen Erwägungen, hat Bundeskartellamtspräsident Mundt kürzlich wissen lassen. Eine Änderung des Wettbewerbsrechts sei für die Bewertung dieser und ähnlicher Fusionen nicht notwendig.

Es kann davon ausgegangen werden, dass sich Wettbewerbsbehörden künftig häufiger mit Fragestellungen und den Besonderheiten auseinandersetzen müssen, die die Beteiligung eines großen strategisch eingesetzten chinesischen Staatsunternehmens an einem deutschen oder europäischen Unternehmen mit sich bringen.