05.09.2018

Bundeskartellamt stellt Jahresbericht 2017 vor

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BKartA
Jahresbericht

Jahresbericht: https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Jahresbericht/Jahresbericht_2017.html

Das Bundeskartellamt veröffentlichte am 27. August 2018 seinen Jahresbericht 2017. Der Bericht gibt einen Überblick über die Behördenstruktur und die von den einzelnen Abteilungen bearbeiteten Themen und Aktivitäten im Berichtszeitraum. 

 

Zahlen, Daten, Fakten

Das Bundeskartellamt hat im Jahr 2017 nach eigenen Angaben rund 66,4 Millionen Euro Bußgelder gegen 18 Unternehmen und 11 Privatpersonen wegen Verstöße gegen das Kartellverbots verhängt. Das sei der geringste Wert der letzten zehn Jahre. Von den 66,4 Millionen sei der höchste Posten in Höhe von 27.662.500 Euro auf Kartellanten im Bereich der Industriebatterien entfallen. Zudem seien 12 Sektoruntersuchungen, 22 Missbrauchsaufsichtsverfahren und zehn Fusionshauptprüfverfahren durchgeführt worden. Insgesamt seien 2017 1.303 Zusammenschlüsse dem Bundeskartellamt gemeldet worden.

 

Digitalisierung


Einen wichtigen Aspekt stelle die Arbeit des Amts im Bereich der Digitalisierung und der damit verbundenen neuen Herausforderungen dar. Die Digitalwirtschaft konfrontiere das Kartellrecht mit neuen Fragen, so Bundeskartellamtspräsident Mundt. Konkret nannte er folgende Punkte:

 

Im Bundeskartellamt wurde ein „Think Tank Internet“ eingerichtet, um die neuen Fragen der Internetwirtschaft zu beantworten. Dieser habe sich laut Bericht insbesondere mit den wettbewerblichen Bedingungen bei Online-Plattformen beschäftigt.

In diesem Zusammenhang laufe zudem ein Verfahren wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gegen Facebook: „Die Beschlussabteilung geht danach davon aus, dass Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend ist und missbräuchlich handelt, indem es die Nutzung des sozialen Netzwerks davon abhängig macht, unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammeln und mit dem Facebook-Konto zusammenführen zu dürfen.“, so der Bericht. Ein entsprechendes Anhörungsschreiben wurde in Dezember 2017 Facebook zugesandt. 

Internet of things


Im industriellen Bereich spiele die Digitalisierung zunehmend bei Kooperationen in Form von (Handels-)Plattformen eine Rolle (Internet of things). Das Bundeskartellamt prüfte solche Plattformmodelle in den Branchen Zement (ECEMENT), Maschinenbau (Admos) und Stahl (XOM Metals). Hierbei sei vor allem darauf zu achten, dass durch die erhöhte Markttransparenz Preisabsprachen erleichtert bzw. sogar überflüssig gemacht werden könnten. Bei zunehmender Marktbedeutung müsse zudem darauf geachtet werden, dass der Zugang nach transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien erfolge. Alle drei o.g. Plattformen wurden vom Bundeskartellamt zugelassen.

Wurstlücke/Konzernhaftung

Die Wurstlücke sei eine gesetzliche Regelungslücke gewesen, bei der Unternehmen durch interne Umstrukturierungen den Bußgeldbescheiden des Bundeskartellamtes entgehen konnten. Bekannt wurde diese Lücke im Verfahren um das „Wurstkartell“ 2014. Dem Bericht zufolge seien dem Bundeskartellamt auf diese Weise Bußgelder in Höhe von insgesamt 238 Millionen Euro entgangen. In der 9. GWB-Novelle, die im Juni 2017 in Kraft trat, habe der Gesetzgeber die Wurstlücke geschlossen und deutsches an europäisches Recht angeglichen, so das Bundeskartellamt.

Schadensersatzklagen

Unternehmen, die gegen das Kartellverbot verstoßen, müssten zunehmend mit Schadensersatzforderungen durch die geschädigten Kunden oder Lieferanten rechnen. Die Zahl der Schadensersatzklagen, die sich an abgeschlossene Kartellverfahren des Bundeskartellamtes oder der Europäischen Kommission anschließen (sog. „follow-on“-Klagen), habe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

Eine genaue Bezifferung des tatsächlich gezahlten Schadensersatzes sei bei Schadensersatzprozessen in der Regel allerdings nicht möglich, da nach Einschätzung des Bundeskartellamts ein Großteil der Ausgleichsleistungen im Wege außergerichtlicher Verhandlungen durchgesetzt werde.


Verbraucherschutz

Das Bundeskartellamt habe im Zuge der 9. GWB-Novelle die Berechtigung erhalten, Sektoruntersuchungen in Bereich des Verbraucherschutzes durchzuführen. Die Sektoruntersuchungen sollen die bisherigen zivilrechtlichen Möglichkeiten ergänzen und dabei helfen, Rechtsverstöße festzustellen. Das Bundeskartellamt nutzte das neue Recht, um Untersuchungen in den Bereichen Smart TV und Vergleichsportale zu starten. Zudem besitze das Bundeskartellamt nun das Recht, in bestimmten verbraucherrechtlichen Verfahren Stellungnahmen in zivilrechtlichen Auseinandersetzungen bei Gericht einzureichen („amicus curiae“). „Diese Rolle erleichtere der Behörde auch den Überblick darüber, welche Rechtsfragen sich bei den Gerichten stellen und in welchen Bereichen Durchsetzungsdefizite liegen.“, konstatiert der Bericht. Weitere Eingriffsmaßnahmen wie z. B. die Möglichkeit einer Abstellungsverfügung seien der Behörde hingegen nicht übertragen worden, dem Gesetzgeber sei es zunächst lediglich um analysierende und beratende Funktionen gegangen.