18.01.2016

BMWi: Ministererlaubnis für Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka in Reichweite

Am 12. Januar 2016 hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel grünes Licht für die Erteilung einer Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka gegeben; die Erlaubnis sei jedoch an aufschiebende Bedingungen geknüpft. So müssten insbesondere die Beschäftigungsverhältnisse bei Kaiser's Tengelmann für einen Zeitraum von 5 Jahren so gut wie unangetastet bleiben. Edeka müsste nun die Bedingungen erfüllen, damit der beabsichtigte Verkauf von Kaiser's Tengelmann an Edeka vollzogen werden kann. Dem Vernehmen nach beabsichtigt Edeka, die Bedingungen zu erfüllen.

Die Freigabe eines Zusammenschlusses durch Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB ist möglich, wenn die Wettbewerbsbeschränkung durch gesamtwirtschaftliche Vorteile aufgewogen oder durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt wird. Bisher wurden von den beantragten Fällen auf eine Ministererlaubnis nur acht (teils mit Auflagen) bewilligt. Von der Empfehlung der Monopolkommission, die verpflichtend einzuholen ist, ist der Minister erst in vier Fällen abgewichen. Die Ministererlaubnis selbst bezieht nur die außerwettbewerblichen Aspekte der Fusion in ihre Entscheidung ein.

Im Einzelnen:

Die vorgesehenen aufschiebenden Bedingungen sehen eine Sicherung der konkreten Beschäftigungsverhältnisse der rund 16.000 Arbeitnehmer (von Kaiser's Tengelmann durch den Abschluss von Tarifverträgen für alle betroffenen Regionen vor. Eine Absicherung in Form von freiwilligen Betriebsvereinbarungen lediglich für die Arbeitnehmer in den Regionen Berlin und Nordrhein hat der Minister als rechtlich unsicher und unzureichend angesehen; hier sei eine Kontrolle durch die Gewerkschaften erforderlich. Tarifvertraglich solle vor allem geregelt werden, dass für fünf Jahre ohne Zustimmung der Tarifparteien keine Kaiser's Tengelmann Filialen an den selbständige Lebensmitteleinzelhändler erfolgen dürfe. Bei einzelnen Betriebsübergängen, denen zugestimmt würde, müssten die vom Betriebsübergang betroffenen Mitarbeiter entsprechend abgesichert werden. Darüber hinaus sei sicherzustellen, dass für 24 Monate nach Übergabe einer Filiale an einen selbständigen Lebensmitteleinzelhändler keine betriebsbedingten Kündigungen erfolgen.

Eine Schließung der konzerneigenen Fleischwerke "Birkenhof" soll frühestens nach drei Jahren im Wege der Ausgliederung oder des Verkaufs möglich sein. Zuvor habe Edeka Investitionen zu leisten, um einen eigenständigen Weiterbetrieb vorzubereiten.

Weitere Schritte:

Die Antragsteller und die Beigeladenen haben jetzt 14 Tage Zeit, ihre Stellungnahme abzugeben. Erst danach trifft der Bundeswirtschaftsminister seine endgültige Entscheidung.

Historie:

Ende April 2015 wurde der Antrag auf Erteilung einer Ministererlaubnis für die Übernahme gestellt. Zuvor hatte das Bundeskartellamt mit Beschluss vom 31. März 2015 das Vorhaben von Edeka, verschiedene Gesellschaften der Tengelmann Warenhandelsgesellschaft KG zu übernehmen,  sowie weitere mit dem Zusammenschluss in Zusammenhang stehende Maßnahmen untersagt, da mit erheblichen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb im Lebensmittelsektor sowohl auf den Absatz als auch auf den Beschaffungsmärkten zu rechnen sei. Als neues Untersagungskriterium kam zum ersten Mal die „erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs" (sogenannter SIEC-Test) zur Anwendung, der zu einer Ausweitung der ursprünglichen Untersagungsbefugnis geführt hat. Es erlaubt nun auch eine Untersagung in wettbewerblich schädlichen Situationen, auch wenn keine Marktbeherrschung vorliegt. Ein Angebot des Kartellamtes, die Fusion unter der Auflage freizugeben, nicht alle Tengelmann-Filialen zu übernehmen, hatte Edeka nicht akzeptiert. Beide zusammenschlusswilligen Parteien hatten nach der Untersagung durch das Kartellamt daraufhin einen Antrag auf Ministererlaubnis gestellt.

Am 3. August 2015 hatte die Monopolkommission ihr Sondergutachten zum Mi­ni­stererlaubnisverfahren im Zusammenschlussvorhaben Edeka und Kaiser's Tengelmann dem Bundesminister für Wirtschaft und Energie übermittelt (vgl. FIW-Bericht vom 5.8.2015). Sie hatte empfohlen, die von der Edeka Zentrale AG & Co. KG und Kaiser's Tengelmann GmbH beantragte Minister­erlaubnis nicht zu erteilen und sah auch keine Möglichkeit, die Ministererlaubnis mit Bedingungen und Auflagen zu erteilen. Die Wettbewerbsbeschränkungen auf den Ab­satz- und Beschaffungsmärkten des Lebensmitteleinzelhandels seien erheblich. Die Übernahme hätte angesichts der Volumina der betroffenen Märkte sowie der Umsätzen der beteiligten Unternehmen, erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung. Die ohnehin schon starke Marktstellung von Edeka würde durch den Zusammenschluss auf den regionalen Angebotsmärkten des deutschen Lebensmitteleinzelhandels weiter ausgebaut und abgesichert werden, so die Monopolkommission. Auf den Beschaffungsmärkten entfiele damit auch eine Absatzalternative für viele Her­stel­ler, wodurch die Verhandlungsposition von Edeka gegenüber den Herstellern gestärkt würde. Diese Nachteile könnten, wie die Monopolkommission festgestellt hatte, durch eine behauptete Sicherung von Vollzeitstellen nicht aufgewogen werden. Der Bedarf für Restrukturierungen, der zum Abbau von Arbeitsplätzen führe, sei in jedem Fall gegeben. Es gehe um die Vermeidung doppelter logistischer Strukturen und von Doppelstandorten gehen. Die Kommission sah die vorgetragene Arbeitsplatzsicherung nicht mit hinreichender Sicherheit als erwiesen an. Arbeitsplätze könnten unter Umständen umfassender erhalten bleiben, wenn andere Handelsunternehmen, die an einer großen Anzahl von Standorten Interessen hätten, zum Zuge kämen. Andere Gemeinwohlvorteile, wie etwa der Erhalt von betrieblichen Mitbestimmungsstrukturen, würden aufgrund einer Vielzahl von privaten Strukturen bei den Edeka-Filialen gar nicht erst nicht zu Geltung kommen oder seien nicht erfüllt. Die Monopolkommission hatte sich zudem explizit dagegen ausgesprochen, die Ministererlaubnis mit Bedingungen und Auflagen zu erteilen. Eine laufende Verhaltenskontrolle scheide ohnehin aus; eine Veräußerung von Unternehmensteilen könnte die Wettbewerbsnachteile ohnehin nicht aufwiegen.