07.05.2021

BKartA konsultiert zu Leitlinien zur Vereinbarkeit des Genossenschaftswesens mit dem Kartellrecht

Am 4. Mai 2021 hat das Bundeskartellamt den Entwurf von Leitlinien zur Vereinbarkeit des Genossenschaftswesens mit dem Kartellrecht veröffentlicht und eine Konsultation bis zum 24. Mai 2021 dazu eingeleitet. 

Es ist eine Maßgabe des Koalitionsvertrags 2018, dass Leitlinien für die Vereinbarkeit des Genossenschaftswesens mit dem deutschen Kartellrecht entwickelt werden sollen. Den genossenschaftlich strukturierten Unternehmen soll mehr Rechtssicherheit bezüglich der kartellrechtlichen Spielräume und Grenzen einer genossenschaftlichen Betätigung an die Hand gegeben werden. Genossenschaften – oft Unternehmen kleiner und mittlerer Größe - sollen ermutigt werden, Kooperationsmöglichkeiten vollumfänglich auszuschöpfen, ohne Gefahr zu laufen, dass ihr Verhalten mit dem Kartellrecht unvereinbar ist. Durch die Leitlinien soll die Rechtssicherheit verbessert werden, indem die Grenze zwischen notwendiger, sinnvoller Kooperation einerseits und illegalem Verhalten andererseits deutlicher aufgezeigt wird. 

Näher beleuchtet der Entwurf der Leitlinien das Verhältnis zwischen den Genossenschaften und ihren Mitgliedern, die genossenschaftliche Rechtsform in der kartellrechtlichen Betrachtung, Kündigungsfristen und Ausschließlichkeitsbindungen, der gemeinsame (Online-)Vertrieb, der Rahmen des zulässigen Informationsaustauschs, Kooperationen der Genossenschaften untereinander und mit Dritten sowie das Wettbewerbsverhältnis zwischen Hauptgenossenschaften. Die Leitlinien stellen dabei lediglich eine Orientierungshilfe dar. Ob ein Verhalten als kartellrechtlich unzulässiges Verhalten einzustufen ist, hängt dabei entscheidend stets vom Einzelfall ab. 

Hintergrund: Rechtsform der Genossenschaft 

Es gibt eingetragene Genossenschaften nach dem Genossenschaftsgesetz (GenG). Darüber hinaus gibt es aber auch eine Vielzahl vormaliger Genossenschaften in anderen Rechtsformen (z. B. als GmbH oder Aktiengesellschaft organisiert). Kartellrechtlich Der Entwurf der Leitlinien beschreibt die Rechtsform der Genossenschaft wie folgt (S. 21, Rz 58): 

Die Genossenschaft ist eine vom deutschen Recht bereitgestellte Rechtsform, die im 19. Jahrhundert entstanden ist, um kleinen Unternehmen (insb. Landwirten und Handwerkern) zu ermöglichen, durch ein partielles Zusammenwirken ihre wirtschaftliche Betätigung und ihre Stellung im Markt zu stärken, aber dabei im Übrigen weiter selbständige Unternehmen zu bleiben.42 Eine Genossenschaft zeichnet sich typischerweise dadurch aus, dass ihre Mitglieder mehrere Rollen haben: Sie stellen der Genossenschaft Kapital zur Verfügung, um diese in die Lage zu versetzen, eine Dienstleistung zu erbringen (Kapitalgeberrolle), sie legen die Regeln der Tätigkeit fest (Eigentümerrolle) und beziehen die Leistung der Genossenschaft (Kundenrolle). Durch diese Verbindung kann es Mitgliedern ermöglicht werden, am Markt tätig zu werden, etwa wenn hierfür hohe Fixkosten anfallen, ein Mitglied für sich genommen keine ausreichende Auslastung erreicht oder die Leistung nicht von Dritten bezogen werden kann. Auch können Mitglieder als Miteigentümer Regeln festsetzen, die verhindern, dass sie als Kunden in Abhängigkeitsphasen ausgebeutet werden, etwa durch überhöhte Kosten für kurzfristig benötigten, relevanten Produktionsinput. Zudem kann das Zusammenwirken von Genossen die Erzielung von Effizienzen (bspw. Größenvorteile) sowie die Ausübung von Marktmacht (bspw. bei Einkaufsverbünden ggü. Herstellern) ermöglichen. Die genossenschaftliche Kooperation kann auch dem Wettbewerb zugutekommen, weil sich die Genossenschaftsmitglieder einerseits gegenseitig in ihrer Geschäftstätigkeit unterstützen, dem Markt aber andererseits als selbständige Marktteilnehmer erhalten bleiben.