22.04.2024

DMA: EU-Kommission hat Workshops mit Gatekeepern durchgeführt und Verfahren eröffnet

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Digital Markets Act

Workshops der Gatekeeper: DMA Events (europa.eu)

Verfahrenseröffnung: Digital Markets Act: EU-Kommission eröffnet Verfahren gegen Apple, Meta und Alphabet (handelsblatt.com)

Commission opens non-compliance investigations against Alphabet, Apple and Meta under the Digital Markets Act - European Commission (europa.eu) 

Die EU-Kommission hat vom 18. bis 26. März 2024 mehrere Workshops durchgeführt, in denen die von der Kommission benannten Gatekeeper Apple, Meta, Amazon, Alphabet, ByteDance und Microsoft ihre Compliance-Strategien zur Erfüllung der Auflagen aus dem Digital Markets Act (DMA) gemäß Art. 11 und 15 des Gesetzes vorgestellt haben. Die Unternehmensberichte zur Umsetzung des DMA wurden zuvor am 7. März 2024 veröffentlicht (vgl. dazu auch die FIW-Berichte vom 07.03.24, 10.09.23, 26.05.23 und 10.11.22). Interessierte Stakeholder konnten im Rahmen der Workshops Rückfragen zu den technischen Lösungen der Gatekeeper und ihrer Umsetzung stellen und dazu Feedback geben. 

Im Fokus der Workshops stand insbesondere die Erfüllung der Verpflichtungen aus Artikel 5 und 6 DMA durch die Gatekeeper. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist auf den Seiten des Kluwer Competition Law Blog (KCLB) zu finden, welcher Informationen und Nachrichten zum internationalen Wettbewerbs- und Kartellrecht veröffentlicht (vgl. untenstehende Quellenangaben). 

Wesentliche Themen der Workshops im Einzelnen:

Apple präsentierte in seinem Workshop unter anderem seine technischen Lösungen zur Erfüllung der Anforderungen nach Art. 6 Abs. 3 DMA. Demnach muss der Gatekeeper den Endnutzern gestatten und sie technisch in die Lage versetzen, Softwareanwendungen auf dem Betriebssystem des Gatekeepers problemlos zu deinstallieren. Apple habe deshalb bei der Erstverwendung seines Standardbrowsers Safari einen Auswahlbildschirm implementiert. Auf diesem könne zwischen zwölf verschiedenen Browsern als Standardbrowser gewählt werden, sodass nicht zwingend Safari genutzt werden müsse. Die Vertreter von Apple stellten außerdem eine Umgestaltung des App-Vertriebs (Artt. 5 Abs. 4, 6 Abs. 4, 6 Abs. 12 DMA) durch das Unternehmen vor. Beispielsweise könnten Nutzer Apps weiterhin über den Apple-Store erwerben, jedoch auch direkt über das Web herunterladen oder einen alternativen App-Marktplatz nutzen. (Apple's DMA Compliance Workshop - The Power of No: Breaking Apart the Bundle? - Kluwer Competition Law Blog) 

Die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Workshop mit Meta waren die Einführung einer „pay-or-OK“-Regelung, die Zustimmungserfordernisse hinsichtlich der Datenkombination zwischen verschiedenen Kernplattformdiensten und die Möglichkeit vorsieht, auf Messenger zuzugreifen, ohne bei Facebook registriert zu sein. Hinsichtlich der Verpflichtungen nach Artt. 5 Abs. 9 und 10, 6 Abs. 8 DMA für mehr Transparenz in Bezug auf Interventionen innerhalb Metas digitaler Werbetechnologie zu sorgen merkte Meta an, dass Werbetreibende bereits sehen könnten, was ihnen berechnet werde, wenn sie ihre Anzeigen direkt auf den Diensten des Gatekeepers, wie Facebook oder Instagram, schalten. (Meta's DMA Compliance Workshop - The Power of No: Making Perfectly Rational Choices - Kluwer Competition Law Blog) 

Amazon präsentierte Lösungen zur Erfüllung des Art. 5 Abs. 2 DMA, bei der Amazon nun eine Zustimmung zur Datenkombination fordert. Art. 5 Abs. 2b DMA enthält beispielsweise das Verbot, personenbezogene Daten aus dem betreffenden Kernplattformdienst mit personenbezogenen Daten aus weiteren Kernplattformdiensten zu kombinieren. 

Zur Einhaltung von Art. 6 Abs. 9 DMA (Portabilität) und Art. 6 Abs. 10 DMA (Echtzeitzugang zu aggregierten und nicht aggregierten Daten) habe Amazon, ähnlich wie Apple, zwei verschiedene Tools entwickelt. Mittels Portability-API könne Amazon Dritten die Möglichkeit geben, Daten von Endnutzern nach deren Genehmigung zu übertragen. Das Transfer-Your-Data-Portal ermögliche Kunden, eine Kopie ihrer Daten herunterzuladen. Darüber hinaus bestätigte Amazon, beim Ranking von Produkten nur objektive und relevante Kriterien anzuwenden und somit Art. 6 Abs. 5 DMA (keine Selbstbevorzogung) einzuhalten. (Amazon's DMA Compliance Workshop - The Power of No: Customer-Obsessed Pathos - Kluwer Competition Law Blog) 

Der Workshop mit Alphabet war aufgrund des Umfangs an vom DMA betroffenen Kernplattformdiensten der umfangreichste. Der Gatekeeper stellte seine technischen Lösungen zur Erfüllung der Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 3 DMA (Möglichkeit zur Deinstallierung von Software-Anwendungen) vor. Alphabet habe eine Funktion entwickelt, mittels derer die Suchmaschine oder Browseranwendungen gewechselt werden können. Daneben plane Alphabet zur Erfüllung des Art. 6 Abs. 11 DMA (Zugang zu Ranking-, Anfrage-, Klick- und Ansichtsdaten) vierteljährlich Datensätze mit mehr als einer Milliarde verschiedener Suchanfragen von Endnutzern aus den 30 EWR-Ländern zu übermitteln. Darüber hinaus präsentierten die Vertreter des Konzerns Lösungen zur Anzeige bei Suchergebnissen in Bezug auf vertikale Suchdienste und Direktanbieter (Art. 6 Abs. 5 DMA). Beispielsweise habe Alphabet alle Fälle eliminiert, in denen vertikale Suchdienste über einen direkten Link mit den Suchdiensten des Gatekeepers verknüpft sind, wie bspw. Google Hotels oder Google Flights. Insgesamt hätten viele Stakeholdern kritisiert, dass Alphabet die Vorschriften unzureichend umgesetzt habe (insbesondere fehle eine Lösung für Google Shopping und für CSS). (Alphabet’s DMA Compliance Workshop – The Power of No: A Gargantuan Task Ahead and a Dual Role in Balancing Interests - Kluwer Competition Law Blog) 

Wie beim Apple-Workshop stand die Einhaltung von Art. 6 Abs. 9 und Art. 6 Abs. 10 DMA im Workshop mit ByteDance im Vordergrund. ByteDance machte geltend, dass es Art. 6 Abs. 10 DMA bereits einhalte, indem seine Analysefunktionen den Geschäftsnutzern bereits Zugang zu detaillierten Daten über ihre Interaktionen und das Engagement der Nutzer in der App ermöglichten. In Bezug auf Art. 6 Abs. 9 DMA (Portabilität) stelle ByteDance bereits über die bestehende Download Your Data (DYD)-Funktionalität Portabilitätsoptionen für End- und Geschäftsnutzer zur Verfügung. Endnutzer könnten ihre Videos direkt von der eigenen App auf andere Plattformen herunterladen und mit anderen zu teilen. Die Geschwindigkeiten seien noch einmal erhöht worden, und es sei eine Datenportabilitäts-API eingeführt worden, um die Portierung von Daten durch Dritte zu erleichtern, die direkt von den Endnutzern autorisiert wurden. (ByteDance’s DMA Compliance Workshop – The Power of No: A Walk in the Park - Kluwer Competition Law Blog) 

Microsoft stellte in dem Workshop vor allem seine Lösungen für die Konfiguration von Standardeinstellungen in seinen Systemen vor, die sich auf die Verpflichtungen gemäß Artt. 6 Abs. 3 und 4 DMA bezogen, und auf die Art und Weise, wie Microsoft personenbezogene Daten im Zusammenhang mit der Wartung des Betriebssystems gemäß den Verpflichtungen von Art. 5 Abs. 2 und 6 Abs. 2 DMA umgesetzt hat. Endnutzer könnten nun Apps deinstallieren, die zuvor als Standardeinstellungen für das Betriebssystem festgelegt wurden. Die Standardeinstellungen erfolgten nun über die Einstellungskonfiguration. Auch sehe die Datenkombination und gegenseitige Nutzung personenbezogener Daten mit anderen personenbezogenen Daten, die von den Microsoft-Diensten verarbeitet werden, nun eine Einwilligung des Nutzers im Rahmen eines mehrstufigen Zustimmungskonzepts voraus, wie von Art. 5 Abs. 2 DMA vorgesehen. Zur Erfüllung von Art. 6 Abs. 2 DMA (Verbot der Verwendung nicht-öffentlicher Daten) habe Microsoft zusätzliche Schutzmaßnahmen eingeführt, um Diagnosedaten, die sich auf die Ausführung von Anwendungen Dritter beziehen, von seinen eigenen Daten zu trennen. Microsoft’s DMA Compliance Workshop – The Power of No: The (Odd) New Kid on the Block - Kluwer Competition Law Blog 

Verfahrenseröffnungen durch die EU-Kommission

Nach der Durchführung der DMA-Workshops hat die EU-Kommission bereits am 25. März 2024 Verfahren gegen Apple, Meta und Alphabet eröffnet. In diesen soll geprüft werden, ob die von den Konzernen in den Workshops präsentierten Lösungen unzureichend seien und jene gegen die Vorschriften des DMA verstoßen. Damit möchte die EU-Kommission auch hervorheben, dass die Einhaltung des DMA durch die Gatekeeper für sie von hoher Relevanz ist. So kritisiert die EU-Kommission beispielsweise, dass Nutzer von Facebook und Instagram für die Dienste zahlen müssen, wenn sie keine personalisierte Werbung erhalten möchten. Der DMA sieht vor, dass trotz einer Ablehnung die Dienste weiterhin kostenlos bleiben müssen. Hinsichtlich der Lösungen von Apple möchte die Kommission überprüfen, ob Apple-Nutzer tatsächlich die Möglichkeit haben, ihre Standardeinstellungen einfach zu ändern. Auch sei die Bevorzugung von eigenen Angeboten wie der Foto-App, die sich nicht deinstallieren lasse, nicht mit dem DMA vereinbar.